(openPR) Immer wieder beteuerte die Türkei - oder vielleicht sollte man konkreter sagen: die amtierende türkische Regierung - dass sie sich mit ihrem Handeln an europäischen Grundsätzen orientieren will. Doch wer die Verhältnisse in der Türkei aus der Nähe kennt, weiß schon lange, dass Worte und Wirklichkeit weit auseinander klaffen.
An kaum einer anderen Stelle wird das auch der europäischen Öffentlichkeit so deutlich vor Augen geführt, wie bei den Verhaltensweisen und Aktivitäten des Gerichtes in Antalya im Falle von Marco W. aus Deutschland.
Die Fakten sind hinreichend bekannt, so dass diese kaum noch einer weiteren Erläuterung bedürfen. Deshalb betrachten wir das Geschehen aus der Sicht des europäischen Rechtsverständnis, und dann wird schnell deutlich, dass die Gepflogenheiten bei türkischen Gerichten nur schwer in Einklang zu bringen sind.
Angemerkt sei dabei noch, dass unsere Kommentierung den Fall Marco W. als exemplarisch betrachtet, soll heißen: aus einer Reihe von gerichtlichen Vorgängen, die der ATR-Redaktion bekannt sind, haben wir die Fakten mit berücksichtigt, die auch im Falle von Marco W. zu beobachten sind. Wobei wir uns im Falle von Marco auf die Faktoren verlassen müssen, die bisher veröffentlicht worden sind.
BIS HEUTE KEINE BEWEISE FÜR EINEN DRINGENDEN TATVERDACHT
Zunächst fällt auf, dass die Ermittlungen, die kurz nach den Ereignissen vorgenommen wurden und zur Verhaftung von Marco geführt haben, sehr oberflächlich gewesen sein müssen. Wie wäre sonst zu erklären, dass in den Folgemonaten das medizinische Gutachten mehrfach neu interpretiert wurde?
Bis heute gibt es keine verlässlichen Aussagen von den Personen, die Marco so massiv beschuldigen.
Jeder Experte, der sich mit Zeugenvernehmungen schon einmal beschäftigt hat, weiß, dass diese immer ungenauer werden, je größer der Zeitraum zwischen dem Vorfall und der Zeugenaussage ist. Nach sechs Monaten bestehen erfahrungsgemäß große Unterschiede zwischen dem, was sich ereignet hat und dem, an was sich der Zeuge zu erinnern glaubt.
BRITISCHE ELTERN ERREICHEN SCHON JETZT EINE BESTRAFUNG VON MARCO
Bis heute hat keine der Personen, die Marco so schwer belasten, den Weg in das türkische Gericht gefunden. Mehrfach hat der türkische Anwalt betont, dass die britischen Eltern eine strenge Bestrafung von Marco haben wollen.
Dadurch, dass sie über mehrere Monate dem türkischer Gericht keine verwertbaren Aussagen geliefert haben, haben sie erreicht, dass dieser weiter in Untersuchungshaft bleibt. Dabei ist es für die Wirkung einer Strafe ziemlich unbedeutend, ob dies eine Untersuchungshaft oder eine „richtige Gefängnisstrafe“ ist.
Das türkische Gericht hätte schon lange erkennen müssen, dass dieses Verhalten der britischen Eltern nicht rechtens sein kann und hätte allein deshalb schon Marco aus der Untersuchungshaft entlassen müssen - ja: vielleicht sogar das Verfahren einstellen müssen, weil es „keinen dringenden Tatverdacht“ mehr gibt.
ZEUGENAUSSAGEN SIND NACH SECHS MONATEN NAHEZU
WERTLOSZeugenaussagen sind nach sechs Monaten nahezu wertlos
Die Aussagen, die das britischen Mädchen Charlotte nach sechs Monaten gemacht hat, sind deshalb kaum noch gerichtlich zu verwerten. Allein aus diesem Grund fehlt den türkischen Gerichten mittlerweile eine wesentliche Rechtsgrundlage, um Marco weiter in Untersuchungshaft zu halten - ja: sogar für eine mögliche spätere Verurteilung.
Sollten die Personen, die Marco so schlimmer Verbrechen beschuldigen, auch bei den weiteren Verhandlungen nicht den Weg in das türkische Gericht finden, darf dieses nach herrschender (europäischer) Rechtsauffassung Marco nicht verurteilen. Sofern die Anwälte keine Gelegenheit haben, in einem ordentlichen Gerichtsverfahren die Zeugen zu befragen - und damit den Wahrheitsgehalt der Aussagen - im Rahmen der Gerichtsverhandlung überprüfen zu können, sind diese nicht zu verwerten.
Auch eine Verurteilung auf Grund von Indizien scheidet nach den in der Öffentlichkeit bekannten Fakten voraussichtlich aus. Denn: Zu den einzigen Indizien, die es gibt, liegen unterschiedliche und widersprüchliche Gutachten vor, so dass diese vom Grundsatz her gerichtlich nicht zu verwerten sind.
RICHTER WOLLTE DAS VERFAHREN ABGEBEN
Neue Brisanz hat das Verfahren jetzt dadurch erhalten, dass der bisher zuständige Richter das Verfahren abgeben wollte, dieses aber von einer anderen Kammer des Gerichtes in Antalya abgelehnt worden ist. Immerhin bestand der Vorwurf, dass der Richter in dem Verfahren voreingenommen sei. Allein die Tatsache, dass der Richter selbst bereit war, das Verfahren abzugeben, könnte als ein erstes Zeichen dafür gewertet werden, dass dieser Vorwurf nicht ganz unberechtigt war.
In ihrer jetzigen Entscheidung hat die türkische Justiz eine wesentliche Chance vertan, das Verfahren doch noch in eine Richtung zu bringen, die europäischen Rechtsvorstellungen entsprechen könnte. Dabei hätten weder der Richter noch das Gericht sein Gesicht verloren, aber die türkische Gerichtsbarkeit und damit die Türkei hätten erheblich gewinnen können – nicht nur in den Augen von Europa.
Diese Chance wurde vertan. Marco wird immer mehr als ein Opfer des türkischen Justizsystems gesehen. Schon heute ist im Grunde klar, dass dieser Prozess - egal wie er auch ausgehen mag - ein Nachspiel vor dem Europäischen Gerichtshof haben wird!
In Europa beginnt man hinter vorgehaltener Hand bereits von einem Justizskandal zu sprechen!
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