(openPR) Anfang 2006 kommt das neue Vergaberecht. Vergleichbare Umwälzungen gab es zuletzt bei der Einführung des Bieterrechtsschutzes im Jahr 1998. Dabei bieten die neu eingeführten Vergabeverfahrensarten interessante Chancen für alle am Vergabeverfahren Beteiligten.
Das neue Vergaberecht wird neue Verfahrenarten bringen. Neben den bekannten und bewährten Verfahrensarten Offenes Verfahren (= Öffentliche Ausschreibung), Nichtoffenes Verfahren (= Beschränkte Ausschreibung) und Verhandlungsverfahren (= Frei-händige Vergabe) treten die neuen Verfahrensarten
* Wettbewerblicher Dialog,
* elektronische Auktion und
* elektronischer Katalog.
Zudem gibt es einen deutlichen Bedeutungszuwachs für die Rahmenvereinbarung.
I. Wettbewerblicher Dialog
Ziel: Der wettbewerbliche Dialog ist ein Verfahren zur Vergabe besonders komplexer Aufträge. Es ist daher beispielsweise für
* Mautsysteme,
* große Bauprojekte,
* individuelle Softwarekonzepte,
* Werbe- und Marketingkonzepte sowie
* neue ÖPNV-Angebote
geeignet.
Weg: Das Verfahren beginnt mit einer europaweiten Bekanntmachung, die einer (vereinfachten) funktionalen Ausschreibung ähnelt. Es kann mit einer Vielzahl von Unternehmen in mehreren Phasen verhandelt werden. Mit den Bietern wird eine Lösung (= endgültige Leistungsbeschreibung) formuliert, auf die jetzt die Unternehmen verbindliche Angebote abgeben können. Der Auftrag ist an dasjenige Unternehmen zu vergeben, dass das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat.
II. Elektronische Auktion
Ziel: Die elektronische Auktion ist ein Verfahren zur elektronischen Ermittlung des preisgünstigsten oder wirtschaftlichsten Angebots. Soll bei Leistungen zum Einsatz kommen, die genau beschrieben werden können. Beispiele bieten:
* Büroausstattung und EDV-Material (Schreibtisch, PC und Standard-Server)
* Fahrzeuge
* Standardsoftwarelizenzen (z.B. Office-Pakete)
* Standarddienstleistungen (z.B. Raumreinigungsleistung).
Die elektronische Auktion ist nicht für Bauleistungen und geistig-schöpferische Dienstleistungen geeignet.
Weg: Die elektronische Auktion ist kein eigenständiges Verfahren, sondern eine elektronische Methode zur Preisbildung, die im Rahmen der bekannten und bewährten Vergabeverfahren durchgeführt werden kann. Darüber hinaus kann diese Verfahrensart auch zur Preisbildung bei einer Rahmenvereinbarung oder einem elektronischen Katalogsystem durchgeführt werden.
Die Preisbildung geschieht dabei in Form einer sogenannten „inversen Auktion“: In verschiedenen Verfahrensschritten werden durch die Bieter jeweils nach unten korrigierte Preise vorgelegt. Die neuen Angebote werden dann automatisch neu bewertet. Den Bietern wird in den Phasen (Preisrunden) unverzüglich der jeweilige Rang mitgeteilt.
Während der Preisrunden darf die Anzahl der Mitbewerber bekannt gegeben werden. Soweit dies vorher bekannt gemacht wurde, dürfen auch die Preise der Wettbewerber mitgeteilt werden. Die Offenlegung der Identität der Konkurrenz ist jedoch verboten.
Die Auktion endet
* wenn der als Ende bekannt gegebene Termin eingetreten ist oder
* keine neuen Preise mehr eingehen und / oder
* die vorgesehene Anzahl Preisrunden durchgeführt wurde Schema – elektronischer Katalog
III. Elektronischer Katalog
Ziel: Der elektronische Katalog ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisch offenes Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen. Soll bei Leistungen zum Einsatz kommen, die marktüblich sind und deren Leistungsumfang den Anforderungen des Auftraggebers ohne Modifikationen genügt. Beispiele dafür bieten
* Büroausstattung und EDV-Geräte (Schreibtische, Standard-PC),
* Bürobedarf und EDV-Verbrauchsmaterial (z.B. Papier, Tinte),
* Ersatzteile für Fahrzeuge,
* Standardsoftwarelizenzen (z.B. Office-Pakete),
* Standarddienstleistungen (z.B. Raumreinigungsleistung).
Ebenso wie die elektronische Auktion ist die auch der elektronische Katalog nicht für Bauleistungen und geistig-schöpferische Dienstleistungen geeignet.
Weg: Der elektronische Katalog ist eine besondere Ausgestaltung des offenen Verfahrens. Es greift das dynamischen Beschaffungssystem i.S.d. Art. 33 RL-Klassisch-Neu / Art. 15 SKR-Neu auf. Das Verfahren darf ausschließlich in elektronischer Form durchgeführt werden.
Die Einrichtung eines elektronischen Katalogs beginnt damit, dass die Beschaffungsabsicht in Form eines Hinweises auf den elektronischen Katalog bekanntgegeben wird.
Alle Unternehmen, die die Eignungskriterien erfüllen und ein unverbindliches Angebot abgeben, werden zur Teilnahme zugelassen. Die Bieter dürfen jederzeit die unverbindlichen Angebote nachbessern.
Während der Laufzeit des elektronischen Katalogs dürfen jederzeit weitere Unternehmen unverbindliche Angebote unterbreiten, um in den elektronischen Katalog aufgenommen zu werden.
Vor Vergabe eines konkreten Auftrags hat zunächst eine Bekanntmachung zu erfolgen, in der alle Unternehmen – insbesondere diejenigen, die noch nicht in den elektronischen Katalog aufgenommen wurden – aufzufordern sind, ein unverbindliches Angebot abzugeben, um rechtzeitig vor Vergabe des konkreten Einzelauftrags in den elektronischen Katalog aufgenommen zu werden. Dabei ist den Bietern eine Mindestfrist für die Abgabe der unverbindlichen Angebote von 15 Tagen ab Absendung der Bekanntmachung zu belassen (§ 20 Abs. 5 VgV-Entwurf-Neu).
Jedem konkreten Einzelauftrag hat ein Aufruf zum Wettbewerb vorauszugehen. Dabei darf der Aufruf zum Wettbewerb erst erfolgen, nachdem die unverbindlichen Angebote ausgewertet wurden. Im Zuge des Aufrufs zum Wettbewerb werden alle in den elektronischen Katalog aufgenommenen Unternehmen aufgefordert, jetzt verbindliche Angebote abzugeben.
Der Auftrag ist an dasjenige Unternehmen zu vergeben, dass das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat. Die Wirtschaftlichkeit ist dabei an Hand der Zuschlagskriterien aus der Einrichtung des elektronischen Katalogs zu messen.
IV. Rahmenvereinbarung
Das neue Vergaberecht bringt auch für die Rahmenvereinbarung einen deutlichen Bedeutungszuwachs. So wird die Möglichkeit Rahmenvereinbarungen abzuschließen ausdrücklich auch für klassische Auftraggeber, wie z.B.
* Kommunen,
* Landkreise,
* Zweckverbände,
* Landesverwaltungsbehörden und
* Universitäten
geschaffen. Bisher existierten entsprechende Regelungen nur für Sektorenauftraggeber.
Eine Rahmenvereinbarung darf in Zukunft auch von einer Mehrzahl von Auftraggebern vergeben werden („die Auftraggeber“). Dies kann den Anwendungsraum erheblich vergrößern. Ein Beispiel hierfür bieten kommunale Einkaufgemeinschaften um
* Kanalausbesserungs- und Wartungsarbeiten,
* Kommunale Einsatzfahrzeuge,
* Software oder
* Beratungsleistung
gemeinsam zu beschaffen und auf diese Weise Mengen- / Größenrabatte nutzen zu können.
V. Eignung der Verfahrensarten
Öffentliche Auftraggeber müssen die verschiedensten Leistungen beschaffen. Die neuen Verfahrensarten bieten dabei die Chance, die Beschaffungen effektiver zu gestalten, indem dasjenige Vergabeverfahren ausgewählt wird, das am besten für den Einkauf der gewünschten Leistung geeignet ist.
Beispielsweise ist der wettbewerbliche Dialog sehr gut geeignet, um eine neue Werbekampagne zu beschaffen. Demgegenüber können Büroartikel oder Fahrzeuge ausgezeichnet mittels der ausschließlich elektronischen neuen Vergabeverfahren beschafft werden.
VI. Eignung der e-Vergabe
Die neuen Verfahrenarten verbessern die Möglichkeit der elektronischen Beschaffung (e-Vergabe). Beispielsweise können elektronische Auktion und elektronischer Katalog ausschließlich in elektronischer Form durchgeführt werden.
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Mit betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Beratung aus einer Hand bietet juratus ein umfassendes Angebot für Kommunen und Unternehmen bei öffentlichen Ausschrei-bungen. Schwerpunkte der Beratung sind das Vergaberecht und das EG-Beihilfenrecht. www.juratus.com
Dr. Christopher Zeiss, Rechtsanwalt und Spezialist für Vergaberecht bei juratus sowie Mitherausgeber des juris-Praxiskommentars Vergaberecht











