(openPR) In einem Videoclip, der zur Zeit bei Viva und MTV zu sehen ist, heißt es „Mein Herz tanzt und jedes Molekül bewegt sich“. Dieses Lied hat eigentlich nichts mit Fußball zu tun – aber es taugt dazu, die momentane Stimmung in Deutschland zu beschreiben. Über dem Land liegt eine aggressionsfreie Fröhlichkeit und Begeisterung – ausgelöst von der Nationalmannschaft und ihren Leistungen bei der Weltmeisterschaft. Nicht einmal Bundeskanzlerin Angela Merkel kann sich dem entziehen – sie springt auf der Ehrentribüne der WM-Stadien herum wie ein Teenager. Dass sie auch im Halbfinale der WM die Gelegenheit dazu bekommen könnte, hätte vor der WM vermutlich niemand gedacht – oder es zumindest nicht laut ausgesprochen. Er wäre als kompletter Fußball-Laie dagestanden. Spätestens nach der 1:4-Niederlage im Testspiel gegen Italien Anfang März in Florenz wurde jede Wette auf einen Weltmeister Deutschland als Geldverschwendung angesehen. Das hat sich geändert – nach dem Polen-Spiel war auf einmal auch dem größten Pessimisten klar: hier kann etwas Großes entstehen. Die Darbietung gegen Schweden ließ die Träume noch intensiver werden; und der erste Sieg gegen eine große Fußballnation nach sechs Jahren im Viertelfinale gegen die Argentinier war Balsam auf die geschundene Seele Fußball-Deutschlands. Nun also Halbfinale – ausgerechnet gegen diese Italiener, die vor vier Monaten Katz und Maus mit den Deutschen gespielt haben. Nun werden die Italiener nicht den Fehler machen, diese deutsche Mannschaft zu unterschätzen. Dafür sind Luca Toni, Gianluca Buffon oder Francesco Totti zu abgezockt. Nicht umsonst gelten die Italiener als Taktik-Weltmeister. Und die Art, wie sie bisher bei dieser WM gespielt haben, hat diesen Ruf ganz sicher nicht beschädigt. Deutschland hat zwar den Heimvorteil, ein Wahnsinns-Publikum im Rücken und das Dortmunder Stadion, in dem die Mannschaft noch nie verloren hat – aber in vier WM-Spielen gegen Italien gab es noch keinen Sieg. 1962 und 1978 kamen zwei trostlose 0:0 heraus, 1970, im „Jahrhundertspiel“ – ebenfalls im Halbfinale gewann Italien 3:4 nach Verlängerung und im Finale 1982 hieß es am Schluß verdient 3:1 für die Squaddra Azzurra.
Einen Sieg gegen die Italiener feierten auch die Franzosen auf ihrem Weg zum WM-Titel 1998; im Viertelfinale nach Elfmeterschießen. Bei der WM 2006 hieß der Gegner der Grande Nation in der Runde der letzten Acht Brasilien – und ähnlich wie Deutschland hat auch Frankreich in diesem Turnier überrascht. Die Siege gegen Spanien und Brasilien haben wenige vorhergesagt – aber sie waren hochverdient. Gegen die pomadigen Titelverteidiger hatte man nicht das Gefühl, dass die Equipe Tricolore verlieren könnte. Zidane führte die Mannschaft mit der Ruhe und Routine eines 34jährigen Genies; Thierry Henry ist die personifizierte Torgefahr und Lilian Thuram hält die Abwehr zusammen wie beim Triumph 1998.
Für Portugal wird es schwer werden, diese Mannschaft zu schlagen. Zwar ist Deco im Halbfinale wieder dabei, aber überzeugt haben die Portugiesen weder im Achtelfinale gegen die Niederlande noch im Viertelfinale gegen Engländer in Unterzahl. Gegen die Holländer war es eine Treterei, gegen die Briten Rumpelfußball. Über Scolaris Fähigkeiten als Trainer gibt es zwar keine Diskussionen, aber eine Finalteilnahme der Selecao wäre eine Überraschung.