(openPR) Die Fußball-WM 2006 ist bemerkenswert. Vielleicht nicht fußballerisch – die Torausbeute war wirklich mau. Aber – und das ist wirklich interessant – es kommt erst zum zweiten Mal seit Kriegsende zu einem Finale, an dem weder Brasilien noch Deutschland beteiligt sind. 1978 standen sich Argentinien und die Niederlande gegenüber – am Sonntag kommt es zum Aufeinandertreffen von Italien und Frankreich. Nachbarn in Europa, spezielle Rivalen seit dem EM-Finale 2000 und die Überraschungen der WM.
Die Italiener haben es geschafft, trotz der Vorgänge in ihrer Liga, ins Endspiel zu kommen – das konnte man nicht erwarten. Aber vor allem die Franzosen hatte niemand auf der Rechnung. Zu holprig der Weg durch die Qualifikation; zu alt erschien die Mannschaft, die auf der anderen Seite ohne die Routiniers Zidane, Thuram und Makelele vermutlich gar nicht nach Deutschland gekommen wäre. Zidanes Karriere schien nach seinen beiden gelben Karten in den Auftaktspielen gegen die Schweiz und Südkorea einem unrühmlichen und unwürdigen Ende entgegen zu gehen. Doch seit dem Achtelfinale gegen Spanien ist klar: Frankreich ohne Zidane ist fußballerischer Durchschnitt. Nicht mehr. Frankreich mit Zidane dagegen ist ein Titelanwärter. Nicht weniger. Schwachpunkt der Mannschaft – das hat das Halbfinale gegen Portugal gezeigt – ist ein anderer Weltmeister von 1998: Torhüter Fabien Barthez.
Er ist ein Unsicherheitsfaktor wie man ihn sich gegen die Italiener nicht leisten darf. Denn die bestrafen jeden Fehler sofort und gnadenlos – wie man im Halbfinale gegen Deutschland wieder einmal gesehen hat. 119 Minuten stand die deutsche Abwehr fest und sicher – dann ließ man Pirlo einmal passen und Grosso einmal schießen. Bei den defensiven Fähigkeiten der Italiener reichen der Squadra Azzurra eben wenige Geniestreiche im Offensivspiel. Lilian Thuram und die französische Abwehrkette werden das wissen. Hurra-Offensiv-Fußball wird man deshalb im Endspiel am Sonntag nicht sehen.
Die Italiener sind aber in jedem Fall Favoriten. Den Spielern geht es darum, den Skandal in der Serie A in den Hintergrund zu rücken und sich eventuell für andere Vereine interessant zu machen. Denn dass ein Cannavaro mit Juventus in die Serie C geht, ist ebenso unwahrscheinlich wie ein Andrea Pirlo bei einem Zweitligisten AC Mailand.
Auf der anderen Seite steht zwar ein Zinedine Zidane, für den es ein Traum wäre, in seinem letzten Fußballspiel noch einmal Weltmeister zu werden. Aber der Fußball ist oft grausam – und die Italiener sind dabei wesentlich weniger sentimental als sie es in anderen Lebensbereichen sind.