Die Medienvielfalt bereitet den Konsumenten das Vergnügen zu beinahe jedem Thema vollumfänglich informiert zu sein. Die Medien im Allgemeinen, die Presse im Besonderen sind bemüht ihre Berichte mit hohem Wahrheitsgehalt zu veröffentlichen. Das das nicht immer gelingt und Personen oder Organisationen von anscheinend korrekt dargestellten Sachverhalten über sie nicht erfreut sind, zeigt die Geschichte des Presserechts. Bereits im § 11 Reichspressegesetz (RPG, 1874) räumt der Gesetzgeber einem derart Betroffenen das Recht ein, eine Gegendarstellung des unrichtigen Sachverhalts zu verlangen. Wie ist die aktuelle Lage, worauf müssen Journalisten achten, was kann man als Betroffener tun?
Was ist eine Gegendarstellung im Presserecht und wann hat man Recht / Anspruch darauf?

Jeder, ob Person oder Organisation, hat das Recht auf die Gegendarstellung einer veröffentlichten Tatsachenbehauptung im selben Medium, in dem diese erschienen ist. Damit soll zwischen Medium und Betroffenen ein „Gleichgewicht der Waffen“ hergestellt werden. Bezüglich des Presserechts sind die konkreten Rechtsansprüche zur Gegendarstellung in den Landesgesetzen geregelt. Hinsichtlich des Rundfunks und der Telemedien sind der Rundfunkstaatsvertrag und die Landesmediengesetze gesetzliche Grundlage der Gegendarstellung.
Zu beachten ist, dass die Gegendarstellung nur Tatsachenbehauptungen betrifft. Wird sie für reine Meinungsäußerungen (Werturteile) begehrt, dann ist das ein Verstoß gegen die Presse- und Meinungsfreiheit.
Das betrifft ebenso Fragen, die auf den Wahrheitsgehalt von Aussagen oder zu Handlungen abzielen. Da sie verschiedene Antworten zulassen, lösen auch sie keinen Anspruch auf eine Gegendarstellung aus.
Alternativen zur Gegendarstellung
Mit einer Gegendarstellung ist oft das Problem nicht aus der Welt geschafft. Im Gegenteil, der widersprochene Sachverhalt rückt nochmals ins Licht der Öffentlichkeit. Deshalb sind Alternativen zu überdenken:
- Anspruch auf Widerruf oder Berichtigung durch das Medium. Im Unterschied zur Gegendarstellung ist eine Berichtigung von rechtswidrigen Tatsachenbehauptungen oder Veröffentlichung eines Bildes, durch das Medium selbst vorzunehmen, während die Gegendarstellung als Stellungnahme des Betroffenen veröffentlicht wird.
- Finanzielle Entschädigung (bei immaterieller Verletzung der Rechte).
- Schadenersatz zur Kompensation materieller Schäden.
- Nachtrag in Folge zulässiger Verdachtsberichtserstattung: Das Medium muss erklären, dass sich der Verdacht als nichtzutreffend erwiesen hat.
- Wertersatz oder Bereicherungsherausgabe: Ersatz der Kosten einer rechtmäßigen Nutzung des Persönlichkeitsrechts.
In den genannten Fällen trägt der Antragsteller die Beweislast für die Unwahrheit der Behauptung und schon aus diesem Grund kommen diese Alternativen nur bei schweren Fällen und schwerwiegenden Folgen in Betracht.
Andere Mittel könnten noch Pressemitteilungen, Pressekonferenzen, schriftliche Stellungnahmen und ähnliches sein, die allerdings in ihrer Wirksamkeit weit hinter der Gegendarstellung liegen.
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Wann liegt berechtigtes Interesse vor
Der Anspruchsteller muss vor allem einmal von der Veröffentlichung betroffen sein. Es liegt kein berechtigtes Interesse vor, wenn die Gegendarstellung nachweislich unwahre Inhalte aufweist. Diese „Unwahrheiten“ müssen allerdings offenkundig sein oder bereits rechtliche Würdigung (gerichtsbekannt) erfahren haben.
Ein berechtigtes Interesse liegt auch dann nicht vor, wenn der Betroffene sein Einverständnis zur (Erst-)Veröffentlichung erteilt hat.
Der Anspruch bleibt aufrecht, wenn die betroffene Partei, obwohl seitens der Redaktion darum gebeten, keine Stellungnahme zu einer geplanten Veröffentlichung abgegeben hat.
Voraussetzungen
Es bedarf grundsätzlich einer erkennbaren, negativen öffentlichen Berichterstattung in den Medien über die betroffenen Personen / Organisationen. Der Anspruchskreis umfasst natürliche und juristische Personen und ist als „höchstpersönlicher Anspruch“ nicht vererbbar.
Die Feststellung, ob eine Gegendarstellung im Bereich des Möglichen liegt, wird oft durch die Vermischung von Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen erschwert. Während erstere überprüf- und beweisbar sind, sind letztere Ausdruck von Werturteilen. Im Einzelfall wird daher zu prüfen sein, ob die Tatsachenbehauptungen, die auch aus bildlichen Darstellungen bestehen können, überwiegen und damit den Anspruch auf eine Gegendarstellung begründen.
Es ist nicht erforderlich das die Betroffenen in dem Bericht persönlich Erwähnung finden. Wenn für den Adressatenkreis klar erkennbar ist, um wen es sich handelt, kann das den Anspruch auf Gegendarstellung bereits begründen.
Durchsetzung des Gegendarstellungsanspruchs

In einem ersten Schritt erhält das Medium, welches die Nachricht veröffentlicht hat, ein Aufforderungsschreiben zur Gegendarstellung, die den bezogenen Artikel oder Beitrag konkret bezeichnet.
Die Gegendarstellung selbst, stellt einige Anforderungen an den Text:
- nimmt klar erkennbar Bezug auf die Erstmitteilung
- ist knappgehalten
- ist druckreif
Ist der Text, wenn auch nur in Teilen unzulässig, kann das verpflichtete Medium die Veröffentlichung unterlassen.
Aktualitätsgrenze
In aller Regel beträgt die Frist 14 Tage, jedoch muss der Betroffene sofort nach Kenntnisnahme, ohne schuldhaftes Verzögern, eine Gegendarstellung verlangen.
Damit ist diese Grenze auch vom Medium abhängig, das die Behauptung veröffentlicht hat. Eine Aussage in einer Rundfunk- oder Fernsehsendung ist flüchtiger als das gedruckte Wort. Allerdings nimmt der Gesetzgeber noch wenig Rücksicht darauf, dass Nachrichten und Berichte elektronisch gespeichert werden und über einen längeren Zeitraum zu streamen sind und damit einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.
Ausschlussfristen
Diese sind von den Ländern als zeitliche Obergrenze ab dem Datum der Veröffentlichung festgelegt. Nach Ablauf der Frist ist der Anspruch auf Gegendarstellung verfallen. In aller Regel ist mit 3 bis 6 Monaten zu rechnen. Innerhalb dieser Fristen, die von den Landesgesetzen abhängig sind, muss die Zustellung der Gegendarstellung erfolgen.
Form der Veröffentlichung

1. Überschrift
Der Begriff Gegendarstellung muss als Titel / Überschrift aufscheinen. Die eigene Überschrift ist nur zulässig, wenn die bezogene Ausgangsmitteilung in dieser enthalten ist.
2. Erkennbarkeit des Verfassers
Sein Name, oder im Falle von juristischen Personen, die vollständige Bezeichnung der Organisation (Firmenbezeichnung, Verein, Organisation, etc.) muss unterhalb des Begriffs „Gegendarstellung“ aufscheinen.
Erfolgt die Gegendarstellung durch einen Rechtsanwalt für seinen Mandanten, ist die Vertretung für jeden Leser erkennbar zu machen.
3. Bezugnahme auf die Ausgangsmitteilung / Mitteilung
Grundsätzlich müssen Gegendarstellung und Ausgangsmitteilung in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen.
Es ist klar kenntlich zu machen auf welche einzelnen Aussagen / Passagen der Ausgangsmitteilung, die Gegendarstellung Bezug nimmt und welche Behauptung nicht der Wahrheit entspricht.
Keinesfalls darf die Ausgangsmitteilung durch die Gegendarstellung eine Verfälschung erfahren. Deshalb empfiehlt es sich die zutreffenden Teile daraus wörtlich zu zitieren. Andernfalls könnte der Richter den Anspruch zurückweisen.
Die Gegendarstellung muss sich immer gegen einen, durch die Ausgangsmitteilung erweckten, Eindruck falscher Tatsachen richten, auch wenn diese nicht wörtlich angesprochen wurden.
4. Keine Unwahrheiten in der Gegendarstellung
Einer Gegendarstellung fehlt die Überprüfung auf ihren Wahrheitsgehalt. Wenn mit ihr allerdings offensichtliche Unwahrheiten verbreitet werden, dann entfällt das berechtigte Interesse. Das gleiche ist der Fall, wenn Inhalte der Gegendarstellung falsch und irreführend sind.
5. Kein strafbarer Inhalt in der Gegendarstellung
Beleidigungen, Verleumdungen und ähnliche Äußerungen können strafbare Tatbestände begründen. Allerdings ist der Betroffene im Rahmen seiner Verteidigung berechtigt, die Unwahrheit einer Ausgangsmitteilung darzustellen.
6. Umfang der Gegendarstellung
In den meisten Landesgesetzen ist geregelt, dass die Gegendarstellung nicht den Umfang der Ausgangsmitteilung überschreiten darf. Allerdings wird von Fall zu Fall zu entscheiden sein, denn es sind nur die unbedingt nötigen Sachverhaltserläuterungen zu nennen und zu beschreiben.
7. Formelle Anforderungen
In erster Linie gilt das Schrifterfordernis nach § 126 BGB. Die Zustellung muss an eine zum Empfang geeignete / berechtigte Person erfolgen.
Die Landesgesetze sprechen von einer unverzüglichen Zustellung, ohne schuldhaftes Verzögern. Eine Frist von 14 Tagen gilt allgemein als anerkannt und hängt wohl auch von der Komplexität des Sachverhaltes ab.
Eine Gegendarstellung, die auf eine Veröffentlichung im Internet bezogen ist, hat eine Höchstfrist von sechs Wochen, gerechnet ab dem Tag der letzten Veröffentlichung der betreffenden Mitteilung, spätestens jedoch 3 Monate nach der Erstveröffentlichung. Die Fristen beginnen ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Betroffenen zu laufen.
8. Veröffentlichung der Gegendarstellung
Diese muss unverzüglich in der nächsten Ausgabe, bei der der Druck noch nicht erfolgt ist (drucktechnisch abgeschlossen), erscheinen. Und zwar an jener Stelle, an der die Erstmitteilung veröffentlicht wurde. Der Betroffene kann einen bestimmten Wochentag wählen, wenn an diesem Tag eine Ausgabe erfolgt. Ebenso kann er eine frühere Veröffentlichung verlangen, wenn die Ausgangsmitteilung Teil einer Rubrik war, die nicht in jeder Ausgabe enthalten ist.
Gegendarstellungen im Internet
Laut § 56 RStV können Aussagen im Internet einen Anspruch auf eine Gegendarstellung begründen. Diese Bestimmung ist allerdings nur dann anwendbar, wenn es sich um journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote handelt, die auch Teil periodischer Druckerzeugnisse sind. Eine Vergleichbarkeit mit den Printmedien oder dem Rundfunk muss gegeben sein. Eingeschlossen sind somit bspw.:
- Onlineausgaben von Zeitungen (unabhängig davon, ob sie auch in gedruckter Form aufgelegt werden).
- Aussagen auf einer Webseite mit Neuigkeitswert (redaktionelle Bearbeitung), verbunden mit laufender Herausgabe von Pressemitteilungen, die auch im Internet veröffentlicht werden.
Durchsetzung einer Gegendarstellung
Vorerst wird bei berechtigtem Anspruch eine einstweilige Verfügung ausgesprochen. Laut Landesgesetzgebung ist ein Klageverfahren nicht zulässig, da die Dauer des Verfahrens dem Rechtschutzbedürfnis die Grundlage entziehen würde. Die Gegendarstellung muss formal richtig und frei von Fehlern sein. Die örtliche Zuständigkeit ist der Gerichtsstand des Schuldners (Verlag / Redaktion).
Aufforderungsschreiben zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung – Muster / Vorlage
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Teil |
Inhalt |
Anmerkung |
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Aufforderung zur Gegendarstellung |
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Empfänger |
An Hr. Dr. Schreiber Zeitungsverlag und Co. PLZ Ort |
An wen richtet sich die Aufforderung (Medium, Redakteur, Journalist, …) |
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Absender, Betroffener |
Franz Betroffen Straße PLZ Ort |
Wer begehrt die Gegendarstellung |
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Bei anwaltlicher Vertretung |
Kanzlei / Ansprechpartner: Wir vertreten die rechtlichen Interessen von Hrn. Franz Betroffen, wohnhaft in ______________. Eine Vollmacht unserer Vertretungsbefugnis liegt dem Schreiben bei. |
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Vorwurf |
In Ihrem periodisch erscheinendem Druckwerk "Stadtzeitung" wurden in der Ausgabe vom (Datum) auf Seite (XX) unwahre Tatsache über mich (unseren Mandanten) verbreitet. |
Bezugnahme auf den Artikel, die Ausgabe, Ort der Veröffentlichung. Kopie des Artikels beilegen. |
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Aufforderung |
Ich fordere Sie auf diese Gegendarstellung in der nächsten Ausgabe zu veröffentlichen. Das ist die Ausgabe, die bei Zugang des Schreibens drucktechnisch vor der Fertigstellung steht. Die Gegendarstellung ist auf der Titelseite rechts unten kenntlich zu machen und anzukündigen. |
Der Betroffene kann einen Wochentag und eine bestimmte Rubrik wählen. Das muss allerdings in Zusammenhang mit der Ausgangsmeldung stehen |
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Folgen |
Ich erwarte Ihre schriftliche Bestätigung bis zum _______. Sofern Sie dem Abdruck der Gegendarstellung nicht zustimmen, leite ich unverzüglich gerichtliche Schritte ein. |
Formulierung ändert sich bei anwaltlicher Vertretung geringfügig. |
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Kostenersatz |
Da der Veröffentlichung eine mangelnde Recherche zugrunde liegt (Vorsatz), sind wir nach §§ 12, 14 RVG berechtigt einen Ersatz der Gebühren zu fordern. Zur Ermittlung setzen wir einen Streitwert von ________ EUR an. |
Hinweis auf Ersatz der Gebühren bei anwaltlicher Vertretung. |
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Bestätigungen, Beilagen |
Datum Unterschrift |
Vollmacht, Gegendarstellung |
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Gegendarstellung |
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Bezug |
In der Ausgabe der Stadtzeitung vom _______ wurden in einem Beitrag über ____________ unwahre Behauptungen verbreitet, die direkten Bezug zu meiner Person haben. |
Der Bezug ist nachvollziehbar darzustellen |
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Vorwürfe
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Zu den Vorwürfen, die als „unwahr“ bezeichnet werden, sind entsprechende Gegendarstellungen zu verfassen.
Es geht nicht darum, den gesamten Artikel als falsch zu bezeichnen, sondern es sind die unwahren Aussagen konkret zu widersprechen.
Die Beilage des bezogenen Artikels und Kenntlichmachung der Passagen ist vorteilhaft. |
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Zeichnung |
Datum, Ort, Unterschriften |
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Beilagen |
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Beispiele von Gegendarstellungen in der Presse
Beispiel 1: Angebliche Traumhochzeit von Caroline von Monaco (BvR 1861/93)
Das „Neue Blatt“ berichtete am 15. September 1993 von einer geplanten Traumhochzeit von Prinzessin Caroline von Monaco. Es wurde über die umfangreichen Vorbereitungen berichtet und die Spannung der Bewohner von Saint Remy. Der Artikel war auf der Titelseite als Exklusiv-Reportage angekündigt. Der konkrete Bericht folgte im Innenteil des Druckwerkes.
Auf Antrag der Prinzessin musste die beklagte Partei eine detaillierte Gegendarstellung auf Seite 1 veröffentlichen, da keine Heiratsabsichten bestünden. Die Beklagte erhob Widerspruch, den Verfügungsbeschluss hat das Landgericht jedoch bestätigt. Die Gegendarstellung ging in Druck. In weiterer Folge erhob die Beklagte Beschwerde, die das OLG zurückwies. Als Begründung wurde auf den § 11 HbgPrG verwiesen.
Quelle: https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv101361.html#Rn002
Beispiel 2: Wolfgang Thierse gegen Bild-Zeitung
Die Bild-Zeitung hatte in einem Artikel die Behauptung aufgestellt, dass Wolfgang Thierse, in seiner Funktion als Parlamentspräsident, die Bundestagsabgeordneten zu einer Reise nach Frankreich eingeladen hat. Zweck der Reise: Eine gemeinsame Sitzung des Bundestags mit dem französischen Parlaments, um den 40. Jahrestag des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags zu feiern.
Thierse verwies im Verlangen zur Gegendarstellung darauf hin, dass die Einladung von der französischen Nationalversammlung ausgesprochen wurde. Das Hamburger Oberlandesgericht bestätigte die Rechtmäßigkeit des Verlangens. Das Medium musste die Gegendarstellung veröffentlichen.
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/wolfgang-thierse-setzt-gegendarstellung-durch/369584.html